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Muttersprache? Jugendsprache? Gossenslang? Warum es sich lohnt, der Sprache auf die Finger zu sehen

Eine Fremdsprache zu beherrschen wie ein Muttersprachler. Wer wünscht sich das nicht? Und wer käme da nicht in Versuchung, sich den einen oder anderen Ausdruck zu Eigen zu machen, den man von einem Engländer, Amerikaner oder vielleicht auch einem Iren oder Schotten aufgeschnappt hat.

 

Diese Stufe der Sprachbeherrschung lässt sich in etwa mit der Pubertät bei einem Menschen vergleichen: Man ist den Kinderschuhen entwachsen, findet einen eigenen Stil, probiert dies und das einmal aus und denkt sich ein paar Jahre später bei einem Blick auf das Make-up oder die Frisur, mit dem oder der man sich zu dieser Zeit für unwiderstehlich hielt „Mein Gott, ich muss blind gewesen sein!“

 

Ähnlich ergeht es uns beim freien Hinzufügen von neuem Vokabular: Wir sind stolz darauf, einen neuen Ausdruck zu kennen, haben aber noch zuwenig Überblick, um zu sehen, in welchem Kontext er überhaupt angebracht ist.

 

Wo beispielsweise ein Schotte mit „Away we go!“ kontert, bittet ein Engländer, die Sache doch den Marinesoldaten zu erzählen. In Irland (und nur dort!) lässt sich „I am not“ zu „I amn’t“ verkürzen. Und dann wäre da noch die Sache mit der Cliquen- oder Jugendsprache:

 

Falsche Formen werden absichtlich verwendet, um etwas Neues, Hippes zu schaffen, das junge Menschen aus einem bestimmten Umkreis von den anderen abgrenzt.

 

Warum dies ein Problem ist? Ist es nicht normal, wenn sich ein Kulturkreis (und ja, auch Jugendliche, die sich für einen bestimmten Mode-, Lebens- und Musikstil interessieren, bilden einen Kulturkreis) über seine Sprache definiert?

 

Sicher ist es das. Tatsächlich ist es ja auch so gewollt. Neben der speziellen Art, sich zu kleiden, den typischen Gesten und Insiderwitzen gehört auch eine Insidersprache zur Ausstattung einer festen Gruppe.

 

Zum Problem wird das Ganze erst, wenn es die natürliche Umwelt verlässt und ohne Vorwarnung in anderen Teilen der Welt wieder auftaucht. Wenn also Nicht-Muttersprachler mit dieser Sprache konfrontiert werden und nicht unterscheiden können, ob es sich nun um Standard- oder Slangsprache handelt. Der lose Umgang in den sozialen Medien verstärkt die rasche Verbreitung dieser Formen (ein typisches Beispiel wäre „I’m shook“, was eine wirre Mischung aus „I’m shocked“ und „I’m shaken“ darstellt), und niemand erklärt dem eifrigen Sprachschüler aus Köln-Deutz , der youtube-Videos ansieht, um seine sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern, dass er sich da einen Ausdruck aneignet, der nur in bestimmten Kreisen genutzt wird und ihn unter Erwachsenen aussehen lässt, wie einen alternden Mitarbeiter aus der Finanzabteilung, der während eines Meetings erklärt „Die finanzielle Entwicklung hinsichtlich der Auslandsexporte kann in diesem Zusammenhang nur als hart ungeil bezeichnet werden“

 

Wer sich nicht ausdrücken möchte wie ein Clown, der einen Feriensprachkurs hinter sich hat, dem bleibt nur, neue Ausdrücke nachzuschlagen, einen Muttersprachler oder Sprachlehrer um Rat zu fragen, oder das neu Erlernte zunächst nur innerhalb der Gruppierung zu nutzen, in der man es auch von anderen gehört hat.

 

Oder aber eine Unterrichtsstunde bei uns zu buchen und sich die Anwendung in Ruhe erklären zu lassen.

 

 

 

Viel Spaß beim Lernen!

 

Das fröhliche Apostroph