· 

Ye olde Buchstabenverlust - was Pubschilder, die Citibank und Email-Adressen gemeinsam haben

Was haben englische Pubschilder, die Citibank und das Emailadressen gemeinsam?

 

 

 

Was klingt wie eine Scherzfrage, ist durchaus ernst gemeint. Und die Antwort mag überraschen: Sie sind Opfer einer neuen Zeit, in der alles möglichst schnell und günstig sein sollte. So zum Beispiel die ersten Druckmaschinen: Um Geld zu sparen setzte man nur die Lettern in Buchstaben (Druckstäbe waren ursprünglich aus Buchenholz, daher der Name) um, bei denen sich die Investition auch zu lohnen schien. Ein ähnliches Spiel haben wir heute bei der Computertastatur zu beklagen: Wehe, man braucht ein Sonderzeichen, schreibt einen Text über Dvořák oder versucht, ein paar französische Firmennamen zu tippen…Gott bewahre, dass man es dabei zu einfach hätte!

 

Englische Druckmaschinen des 15. Jahrhunderts (Wir erinnern uns: Da ging es los mit der Drucksetzerei) verzichteten daher zumeist auf isländische Runen, was zunächst einmal vernünftig und einleuchtend klingt. Immerhin hat eine mitteleuropäische Feld-Wald-und Wiesentastatur ja auch keine Sumerische Keilschrift aufzuweisen. Und ich habe auch noch nie nach einer altägyptischen Hieroglyphe gesucht.

 

Dumm nur, dass das „th“, ein in der englischen Sprache ja durchaus gebräuchlicher Laut, zu dieser Zeit noch mit einem eben solchen Zeichen geschrieben wurde: Þ war das Aussehen des Schriftzeichens, „Thorn“ sein Name und die uralte Rune Thurisaz sein Großvater.

 

Was nun? Das Zeichen einfach wegzulassen wäre zwar besonders billig gewesen, hätte allerdings für Verwirrung gesorgt, denn Sätze wie „is is e ird understorm is mon“ (This ist he third thunderstorm this month) lesen sich etwas schwierig. So ersetzte man kurzerhand das Thorn durch das Y, das erstens ohnehin zu wenig zu tun hatte und zweitens dem zumindest ein klein wenig ähnlich sah, und fertig war der Lack. Über die nächste Zeit hin wandelte sich die Sache dann zum heute gebräuchlichen „th“, alles, was neu gedruckt wurde, enthielt den heute gebräuchlichen Digraphen (Jup, Digraph, nicht Diphtong, wie häufig behauptet! Das ist etwas völlig anderes) th und übrig blieben lediglich die Dinge, bei welchen sich das neu Schreiben aus finanziellen Gründen nicht lohnte: Die aufwändig bemalten, teils mit Schnitzereien versehenen, großen schweren Pubschilder. Später entstandene Pubs nutzten das neue "the", bei den alten war der Name jedoch irgendwann so tief in den Köpfen der Kunden verwurzelt, dass man ihn nicht mehr ändern mochte. Übrigens gibt es auch neue Pubs, die das "ye" nuten, da es einen Eindruck von Beständigkeit und somit gewachsener Gemütlichkeit vermittelt.

Die machen uns also auch heute noch ein Y für ein TH vor: Ye olde Horse spricht sich daher eben nicht „Ye“ sondern tatsächlich „The“. Das gibt überhaupt für die immer wieder in alten Texten vorkommenden „ye“s. Es handelt sich einfach um aus Kostengründen falsch geschriebene „the“s. Hat was, oder?

 

Ähnlich entstand übrigens der Name der Citibank, nur war es bei ihr genau umgekehrt: In diesem Fall hatte man nämlich genau das „y“, das man in dem Wort „City“ ja eigentlich vermuten würde, eingespart. Hätte man im 15. Jahrhundert mit Telexmaschinen aus den 1960er Jahren geschrieben, hieße der arme Pub heute vermutlich „Ie olde Horse“.

Tatsächlich ließ sich der Name „Citybank“ mit Telexgeräten nicht schreiben und wurde daher kurzerhand in „Citibank“ umbenannt. Wenigstens war niemand auf die Idee gekommen, auch noch das „c“ einzusparen, sonst hieße das Institut heute vermutlich „Sitibank“. „Die, die nicht buchstabiert werden darf“

 

Das @ in unseren Emailadressen hingegen war mehr oder weniger überflüssig und dümpelte nutzlos auf der Tastatur vor sich hin. Es stammte ursprünglich aus der Kaufmannssprache und bezog sich auf eine Maßeinheit.

 

Das „Kaufmännische at“ nutzte man später für Rechnungen wie „10 items @ 20p“, also 10 Einheiten zu je (Englisch: at) 20 Pence. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert befand es sich auf englisch bestückten Schreibmaschinen und wurde von Nicht-Kaufleuten selten bis niemals genutzt, weshalb es sich wunderbar für die in den 1970er Jahren aufkommenden Email-Adressen eignete: At (also bei) passte auch noch wunderbar dafür, bei welchem Anbieter man seine Adresse angemeldet hatte, also war die Sache binnen kürzester Zeit abgemacht und verbreitete sich um die Welt.

 

Und falls sich das jemand gefragt haben sollte: Inzwischen hat das @-Zeichen auch seinen eigenen Morsecode: ·−−·−· , was witzigerweise nicht den Buchstaben A und T, sondern vielmehr A und C entspricht…fragen Sie mich bitte nicht, weshalb!

 

Viel Spaß beim Morsen!

 

Das fröhliche Apostroph

 

Mit dem Kinderspiel der Reise nach Jerusalem hat dieses Schild wenig zu tun. Es verweist vielmehr auf die nach der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 entstandenen Kreuzfahrerstaaten. Politisch ein wenig heikel, aber irgendwie doch fest verwurzelt.